Rote Liste der Farn- und Samenpflanzen Hessens

4. Fassung. Erstellt von der Arbeitsgruppe "Rote Liste der Farn- und Samenpflanzen Hessens" der Botanischen Vereinigung für Naturschutz in Hessen e. V. (BVNH) im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (HMULV)


Stand 31. Oktober 2008

Statuskategorien

Die in die Florenliste aufgenommenen Arten und Unterarten werden zur Ermittlung des Sippenstatus nach den beiden Kriterien Etablierungsgrad und Einwanderungszeit beurteilt. Die Terminologie lehnt sich an die Überlegungen von Kowarik (1991) im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Roten Liste für Berlin an. Nach dem Etablierungsgrad der Vorkommen werden unterschieden:
  • etablierte Sippen   
  • Sippen mit Etablierungstendenz   
  • unbeständige Sippen
Nach der Einwanderungszeit vor oder nach 1492 werden unterschieden:
  • Indigene (Einheimische) und Archäophyten (Alteingebürgerte)
  • Neophyten (Neubürger)
Für die drei Etablierungsgrade gelten folgende Bedingungen:

Eine Sippe wird dann als etabliert angesehen, wenn sie sich im Gebiet spontan über mindestens zwei Generationen fortgepflanzt oder vegetativ vermehrt hat, wenn sie mindestens 25 Jahre im Gebiet vorkommt und wenn sie ein Areal besiedelt hat. Der hessische Arealanteil kann aus wenigen (oder im Extremfall nur einem) Vorkommen bestehen. Um diese dann als etabliert einzustufen, muß ein eindeutiger raum-zeitlicher Bezug zu Arealteilen außerhalb des Landes bestehen; Beispiele sind etwa Steifer Lauch (Allium strictum) und Nelken-Leimkraut (Atocion armeria).

Von den genannten Kriterien werden zwei Ausnahmen zugelassen (siehe LUDWIG & al. 2006): Eine Sippe wird auch dann als etabliert angesehen,

- wenn sie weniger als 25 Jahre im Gebiet vorkommt, sich aber über klimatisch unterschiedliche Gebiete (Naturräume) in kürzerer Zeit ausgebreitet hat (Ersatz von Zeit durch Raum: Sippe mit schneller überregionaler Etablierung)

- wenn sie bei nur lokaler Ausbreitung seit mindestens 100 Jahren im Gebiet vorkommt, sich spontan fortpflanzt oder vermehrt und lokal ausbreitet (Ersatz von Raum durch Zeit: Sippe mit langzeitiger lokaler Etablierung).


Sippen, die eines oder zwei, jedoch nicht alle der für die Etablierung geforderten Kriterien erfüllen, werden als Sippen mit Etablierungstendenz eingestuft. Sie nehmen eine Mittelstellung zwischen den Unbeständigen und den Etablierten ein. Bei manchen von ihnen ist eine zukünftige Etablierung zu erwarten, ihre Bestandsentwicklung sollte daher verfolgt werden.


Als unbeständig werden Sippen bezeichnet, die spontan ohne das bewußte Zutun des Menschen auftreten, die sich aber an den Wuchsorten nicht halten können. In der Regel sind es die Klimabedingungen und die Konkurrenzverhältnisse am Standort, die das Überleben der Art verhindern. Für ein Wiederauftreten ist eine neue Diasporenlieferung aus anderen Gebieten oder aus der Kultur notwendig.


Anwendung der Statuskategorien

Die Statuskategorien werden für jeden Bezugsraum, daß heißt für die Regionen einzeln und für Hessen insgesamt unabhängig voneinander ermittelt. Im Zusammenhang mit der Roten Liste sind jedoch allein etablierte Vorkommen relevant, nur diese werden bewertet. Arten, die eine Etablierungstendenz zeigen oder unbeständig auftreten, die also noch nicht fester Bestandteil der Flora sind, bleiben unberücksichtigt.


Die etablierten Sippen werden nach der Einwanderungszeit differenziert und durch verschiedene Symbole gekennzeichnet. Dieses Verfahren, das im deutschsprachigen Mitteleuropa üblich ist, wird hier aus Tradition beibehalten, obwohl der Sinn dieses Vorgehens nicht überzeugend ist. Die nachfolgende Übersicht zeigt die verwendeten Statussymbole und ihre Anwendung in Florenliste und Roter Liste.



ungefährdete Sippen gefährdete Sippen (Rote Liste)
altetablierte und indigene Sippen     *, V Gefährdungsgrad
etablierte Neophyten     E, V Gefährdungsgrad
N nach dem Sippennamen
Sippen mit Etablierungstendenz     T keine Bewertung
unbeständige Sippen     u keine Bewertung

Gefährdete etablierte Neophyten können demnach an dem Symbol N, das für Neophyt steht, von den gefährdeten indigenen Sippen unterschieden werden. Nicht gefährdete Neophyten sind in der Florenliste nicht eigens markiert; bei ihnen ergibt sich der Status aus dem Symbol E.


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